Hausgottesdienst am 10. Trinitatissonntag dem 16. August 2020

Hausgottesdienst am 10. Trinitatissonntag dem 16. August 2020, Pfarrer Kurt Boltres

Im Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen

Tagespsalm Nr. 142 „Hilfe in schwerer Bedrängnis“

Gebet:Allmächtiger Herr und Gott, der Vater, der Sohn und der Heiliger Geist. Du bist die Quelle des Lebens, ohne dich ist unser Wort leer. Unser Herz ist unsicher und voller Angst. Doch du lässt uns an der Fülle deiner Gnade teilhaben. Wir lassen viel zu oft unsere Gaben und Begabungen verkümmern. Doch du kannst uns helfen. Sieh an unsere Not, dass wir deine Ordnungen oft verachten, uns selbst überheben und für den Nächsten nichts mehr übrig haben.Tilge zunächst unsere unvergebene Schuld, die uns vor dir und unseren Mitmenschen trennt, dann erwecke in uns den neuen Menschen. Wir heben unsere Hände zu dir empor und bitten dich: Herr erbarme dich unser !

Wir lesen Gottes Wort im Brief an die Römer 11,25-32

25 Ich will euch, liebe Brüder, dieses Geheimnis nicht verhehlen, damit ihr euch nicht selbst für klug haltet: Verstockung ist einem Teil Israels widerfahren, so lange bis die Fülle der Heiden zum Heil gelangt ist; 26 und so wird ganz Israel gerettet werden, wie geschrieben steht (Jesaja 59,20; Jeremia 31,33): »Es wird kommen aus Zion der Erlöser, der abwenden wird alle Gottlosigkeit von Jakob. 27 Und dies ist mein Bund mit ihnen, wenn ich ihre Sünden wegnehmen werde.« 28 Im Blick auf das Evangelium sind sie zwar Feinde um euretwillen; aber im Blick auf die Erwählung sind sie Geliebte um der Väter willen. 29 Denn Gottes Gaben und Berufung können ihn nicht gereuen. 30 Denn wie ihr zuvor Gott ungehorsam gewesen seid, nun aber Barmherzigkeit erlangt habt wegen ihres Ungehorsams, 31 so sind auch jene jetzt ungehorsam geworden wegen der Barmherzigkeit, die euch widerfahren ist, damit auch sie jetzt Barmherzigkeit erlangen. 32 Denn Gott hat alle eingeschlossen in den Ungehorsam, damit er sich aller erbarme.

Erwählung

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde,

Es gibt auch heute noch große Meinungsverschiedenheiten in Sachen „wahrer Glaube“, orthodox, katholisch, reformiert, unitarisch oder neuprotestantisch und die damit verbundene Erwählung zum heiligen Volk Gottes. Jede dieser Richtungen will bestimmend sein. Diese Meinungsverschiedenheiten werden jedoch meistens in den oberen Schichten ausgetragen, wobei oft nur die Priorität des Problems in den Gesprächen debattiert wird. Mir hat beispielsweise ein Zeuge Jehowas einmal gesagt: „Ich werde im neuen Jerusalem auf der Mauer der Gottestadt stehen und auf euch herabsehen, wie euch das Gericht Gottes trifft !“ Er hatte sich selbst erwählt und war sich seiner Erlösung und seines Heiles sicher. Ich bin es ja auch, aber aufgrund meiner Taufe, die mir das große Geschenk der göttlichen Gnade zugesichert hat.

Bereits 2000 Jahre ist es her, dass Jesus Christus, unser Heiland, uns zu der Kontinuität der Erwählung als Gottes Volk geführt hat. Gehören wir nämlich zu Christus, dann gehören wir auch zu Gott. Aber die Auseinandersetzungen, die manchmal fanatische Grenzen erreichen, hören noch nicht auf. Im Unterbewusstsein sind sie gegenwärtig. Immer wieder rückt in unser Bewusstsein der Gedanke: gehöre ich zu der Gruppe der Auserwählten oder nicht.

Den Apostel Paulus bewegten auch ähnliche Gedanken. Er war doch als Jude geboren worden, hatte die Thoraschule besucht und war zum Rabbiner emporgestiegen. Er hatte also die religiöse Tradition seines Volkes in sich aufgenommen und hatte mit Eifer danach getrachtet, in strenger Pflichterfüllung ein frommer Jude zu sein. Er hatte es sogar als seine Aufgabe angesehen die junge Christengemeinde aufzuspüren und mit allen Mitteln zu zerstören und zu zerstreuen.

Doch dann nahm sein Leben plötzlich eine andere Richtung. Wie ein Blitz traf ihn der Ruf unseres Heilandes Jesus Christus und aus einem Verfolger der Christengemeinde wurde ein Verkünder und überzeugter Streiter Gottes für den neuen Glauben.

Jetzt musste er selber erleben, wie die Griechen und Heiden die neue Botschaft annehmen und sich taufen lassen, aber sein eigenes Volk, die Juden, sich dieser Heilsbotschaft ganz verschließen. Das Volk Israel hatte das Heil Gottes für alle Zeiten abgewiesen. Mit allem Eifer versuchte der Apostel diesen Bruch zu glätten und auf die Sühnetat Gottes hinzuweisen. Viele Biefe der Apostel weisen darauf hin. Es gelang ihm jedoch nicht. Wir sind heute dankbar, dass uns so viele Bekehrungsschriften der Apostel erhalten blieben und können somit das Werk der Apostel fortsetzen, und zwar weil wir in deren Auftrag auch wiklich stehen.

Doch die Erwählung, von der heute am Israelsonntag die Rede ist, hat noch andere Seiten. Ich weiß nicht recht, wie ich das Gefühl einer bevorzugten Erwählung beschreiben soll. Aber ich kann mich ganz genau auf die Zeit meiner Grundschule erinnern. Ich war in der 5. Klasse. Da sollte ein neuer Schulchor gegründet werden. Unter vielen anderen Kindern wurde auch ich auserwählt im Schulchor mitzumachen. Meine Stimme wurde gebraucht und meine Aufgabe bestand darin, alle außerschulischen Proben zu besuchen und bei allen kulturellen Auftritten mitzuwirken, und das waren nicht wenige. Sehr oft musste ich in weißem Hemd mit Pionierkravatte die Schule besuchen, weil manchmal diese Auftritte zu unmöglichen Tagen und Zeiten stattfanden. An diesen Tagen war ich anders gekleidet als meine Klassenkollegen. Ich war ein Chormitglied, ein besonderer Schüler, ein auserwählter Schüler. Ich gehörte zu einer Gruppe von Auserwählten, die oft gelobt wurde, die Erfolg hatte und auf ihr Können stolz sein konnte. Stolz auch auf die Erwählung.

So in etwa sah auch die Erwählung der ersten Christen aus. Sie waren eine Gruppe, die sich selbst bereits ecclesia nannte (also Kirche) und auch Gemeinschaft der Heiligen, das heißt: die Herausgerufenen, die Berufenen, die Auserwählten. Das, was durch die Propheten verheißen wurde, ist durch Christus, den Sohn Gottes, in Erfüllung gegangen. Dieser Heiland hat alle Völker zu sich gerufen, um ihnen Anteil am neuen Heil zu geben.

Der neue Gedanke ist jedoch der, dass die Völker nicht zu Gott kommen, sondern dass Gott zu ihnen gekommen ist, mit seiner Gnade und Gerchtigkeit. Er hat sich für alle Völker der Erde entschieden, um sie in seiner Liebe anzunehmen. In seiner Erwählung macht er jedoch keine Unterschiede zwischen Juden, Griechen, Römern, Rumänen, Deutschen oder Zigeunern. Alle gehören sie dazu. Nur das Bekenntnis zu Christus und die Taufe gelten in dieser besonderen Auserwählung. Der Glaube und nur der Glaube allein zählt. Das ist die Kernaussage der Botschaft des Apostels Paulus.

Es ist leider anders gekommen, als gedacht und gelebt. Und bis zum heutigen Tag geschehen ähnliche Dinge unter den christlichen Religionen, was sogar zu Feindschaften zwischen den Völkern geführt hat. Denn jede Krise, jede Fehde zwischen den Völkern hat auch einen religiösen Hintergrund.

Zur Zeit des Apostels hatte die erste Christengemeinde starken Zulauf bekommen und wurden deshalb in den Synagogen nicht mehr geduldet. Sie erwarben sich daher eigene Versammlungsorte. Unter ihnen gab es nämlich Heidenchristen und Judenchristen, die in überheblicher Weise ihre Erwählung als Kinder Gottes hevorhoben, beanspruchten und in den Vordergrung stellten. Und durch diese Überheblichkeit war die religiöse Toleranz im Römischen  Reich in Frage gestellt. Wo früher viele Religionen und Völker friedlich beieinander wohnten, so ging das fortan nicht mehr. Vielmehr steigerten sich die Christen in  ihrer Überheblichkeit und nannten die Juden Gottesmörder.

Die anfängliche Christenverfolgung ging mit der Zeit in eine Judenverfolgung über, ja in eine systematische Judenausrottung. Religion und Fanatismus verbrüderten sich hier, was wir auch in der jüngsten Geschichte zu sehen bekamen.

Die Schlussfolgerung des heutigen Israelsonntages ist die, dass eine Erwählung im Glauben und in der Demut gelebt werden soll, denn Gott hat uns alle erwählt. Eine religiöse Toleranz lässt es nicht zu, dass Israel verworfen wird. Selbst wenn die Juden den Messias in Jesus nicht anerkennen, so bleiben sie dennoch Gottes Volk, wenn auch verstockt. Und wir, die Nichtjuden,  bleiben Gottes Kinder durch Christus. Dem Apostel Paulus antwortete Gott auf seine Zweifel: “Lass dir an meiner Gnade genügen” – das gilt auch uns, denn wir sind nicht besser als alle anderen. Amen.

Gebet:

Wir danken dir, allmächtiger Gott und Vater, für alle gaben des Leibes und der Seele, die wir von dir empfangen haben. Leite uns durch deine n geist. Dass wir die Güter, die du uns anvertraust, treu verwalten und lehre uns vor allem nach deinem Reich zu trachten., um die himmlische Berufung nicht aus dem Auge zu verlieren. Lass deine Botschaft aus tiefem Herzen kommen, damit sie alle Gläubigen erreiche.

Wir beten für deine Kirche auf Erden, für unsern Bischof und für die Prediger des Wortes Gottes, wie auch für die vielen Helfer in unseren Gemeinden. Gib Freude und Mut dein Wort zu verkündigen, deine Wahrheit zu lehren und deiner Gemeinde zu dienen. Erinnere alle Christen an das große Heil in Jesus Christus. Mach es möglich, dass alle Menschen im Glauben zueinander finden, einander helfen und wahre Brüder werden. Lenke die Regierenden dass sie für den Frieden kämpfen und eintreten. Beseitige duch deine allmächtige Kraft die vielen Gefahren, die uns bedrohen. Lass auch bald den Tag kommen, da wir aus dieser Gesundheitskrise, dieser Coronakrise befreit werden.

Wir bitten dich um deinen Segen für die Notleidenden, die Bedürftigen, die Kranken und Schwachen in unseren Gemeinden, und auch auf der ganzen Welt. Lass die Menschen zur Vernunft kommen,  um der Gemeinschaft mit neuen Kräften und neuen Erkenntnissen zu dienen.

Wir bitten dich für unsere Verwandten, Bekannten und Freunde, in der Nähe und in der Ferne, ob sie in Schwierigkeiten stecken oder ob sie zufrieden sind. Sei mit ihnen nach deinem großen Willen und deinem wahrhaften Entscheiden. 

Sei auch mit den vielen ärztlichen Helfern in dieser Zeit und unterstütze sie in ihrem Einsatz und in ihren Initiativen, damit den Notleidenden und der ganzen Menschheit dadurch geholfen werde. Schenke allen Menschen Mut und Kraft zum wahren Bekenntnis an Jesus Christus.

Wir gedenken vor dir auch der Freunde, die in besonderer seelischer Not stehen. Wir denken an die Freunde, die ihre Not im Alkohol, Medikamenten und Drogen ertränken wollen und daher Leid und Schmerzen über ihre Familie bingen. Wir wissen  manchmal nicht, wie wir ihnen helfen können  und suchen unendlich lange nach Lösungen. Wir bitten dich, gib uns die rechten Gedanken und Worte zu diesem allgemeinen Problem unter uns, damit wir helfen können. Herr, unser Gott, erhöre unser Gebet.

Wir beten dich an und nennen in der Stille unsere Anliegen, unsere Probleme und auch die Namen derer, die uns besonders am Herzen liegen, mit ihrer Not und ihrer Schwachheit, und bitten dich um deinen Beistand ... (Wir bitten dich im besonderen für NN ...)

Du, Herr, bist unsere Glaubensstärke unsere Zuvericht und unsere Hoffnung. Dir vertrauen wir und beten dich an, hier und jetzt, sowie in Ewigkeit. Amen


Vater unser im Himmel.

Geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe,

wie im Himmel, so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute,

und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigen.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft

und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.


Segen

Der Herr segne und behüte uns.

Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig.

Der Herr erhebe sein Angesicht auf uns und gebe uns Frieden.

Amen